A. Tomatis Institut Zürich, Dr. phil. Heinz Grubenmann

Horchtraining nach A. Tomatis

hören, zuhören, dazugehören

Dienstag, 16. Juni 2015

Erziehung und Bildung prägen ganz unterschiedliche Bereiche wie Familie, Schule, Berufsbildung, Studium, Beruf und Freizeit. Schon Kleinkinder erkunden und erforschen ihre Umwelt, und sie lernen spielerisch durch sinnliche Erfahrung und Austausch mit ihrer Umgebung; sie probieren aus und ahmen nach. So werden schon sehr früh Grundlagen für den späteren Lernerfolg geschaffen. Motiviert bauen sich die Kinder ihre Treppe zum Lernerfolg und steigen zuversichtlich Stufe um Stufe weiter. Es ist ein Lernen mit allen Sinnen; eine anregende Umgebung und wohlwollende Bezugspersonen helfen ihnen dabei. Neugierig und optimistisch begeben sie sich auf den Weg.

Manchmal jedoch fehlen der sichere Boden, die Treppe oder nur einzelne Stufen, die zum nächsten Ziel führen. Das Kind, der Lernende tritt an Ort, die Zuversicht schwindet und an deren Stelle schleichen sich allmählich Selbstzweifel ein. Entmutigt und demotiviert geben sie auf. Kindern, Eltern und Lehrern drängt sich die Frage auf, woran es liegen könnte,dass trotz Anstrengung die Lernerfolge ausbleiben.

Wände haben Ohren…  Ohren haben Wände…

Diese beiden Sätze beschreiben fehlhörige Kinder recht gut. (Heute oft als AVWS, auditive Verarbeitungs- und Wahrnehmungsstörung diagnostiziert). Oft scheinen sie alles zu hören, vor allem das, was sie nicht hören sollten. In anderen Situationen dringt nichts bis zu ihnen vor, sie müssen mehrmals angesprochen werden, bis sie zuhören. 

Manche Eltern sind erstaunt, dass die Lernschwierigkeiten ihres Kindes etwas mit der Hörwahrnehmung zu tun haben könnte. Sie teilen dann oft mit, ihr Kind höre gut, wie es auch der Ohrenarzt bestätigt habe. Trotzdem kommen von der Schule Rückmeldungen, dass das Kind nicht zuhöre, oft nicht bei der Sache sei, träume, Arbeitsaufträge nicht mitbekommen habe…, bei den Hausaufgaben wisse es oft nicht, was zu tun sei. In diesem Zusammenhang ist es wichtig, den Unterschied zwischen hören und zu-, hinhören/horchen zu sehen. Einem Englischsprachigen muss man diesen Unterschied nicht klar machen, besitzt er doch dafür zwei verschiedene Wörter: hear und listen, das Gleiche gilt für die romanischen Sprachen: entendre – écouter, udire/sentire – ascoltare, oír – escuchar. Differenzierendes Hinhören entwickelt sich nach und nach, es muss durch Übung erworben und gepflegt werden.In der Musik oder für den Fremdsprachenerwerb ist es nötig, kleinste lautliche Unterschiede wahrnehmen zu können. Was für den Fremdsprachenunterricht wichtig ist, gilt natürlich auch für die Muttersprache, oder ganz allgemein für jede mündliche Kommunikation. Zum gekonnten Hinhören/Horchen müssen verschiedene auditive Fertigkeiten entwickelt sein, wie Selektion, Schallortung, Diskrimination. Sind diese Fertigkeiten ungenügend entwickelt, fühlt sich das Kind in kommunikativen Situationen unwohl; es entwickelt Strategien, um sie zu umgehen, was sich für das Lernen ungünstig auswirkt, Davon sind besonders Aufmerksamkeit, Konzentration und Gedächtnis betroffen.  

Eine Abklärung nach Tomatis mit Horchtest, in die psychologische und pädagogische Gesichtspunkte einbezogen werden, gibt in dieser Situation  Aufschluss über fehlende oder ungenügend entwickelte Lernvoraussetzungen, zu denen eine gut entwickelte auditive Wahrnehmung gehört. 

Empfiehlt sich nach der Abklärung ein Horchtraining, so wird damit an den basalen Lernvoraussetzungen gearbeitet, die erst ein erfolgreiches Lernen ermöglichen. Sprache, Mathematik oder andere Fertigkeiten lernt man dann durch das entsprechende Üben, also Sprache durch Sprachübungen, Mathematik durch Mathematik üben etc .

Sind die Lernvoraussetzungen einmal geschaffen, kann der Lernende entspannt und froh an seiner Lerntreppe weiterbauen.

Das Ziel eines Horchtrainings im Lernbereich ist entspanntes und motiviertes Lernen, so wie es die Kinder praktizieren, die mit Hilfe ihrer Treppe ihren Lernplatz gefunden haben.